Wer kennt das nicht: Manchmal hat man einfach Lust auf nichts. Das Problem betrifft jede Altersklasse und insbesondere auch ältere Menschen. Aber wie kann man Aktivität durch Passivität ersetzen, d.h. einfach auch einmal das «süsse Nichtstun» zulassen – und womöglich sogar geniessen? Und was hilft Senioren dabei am meisten? Diese Fragen sind auch für mich als private Seniorenbetreuerin nicht immer ganz einfach zu beantworten. Ich mache mir mir viele Gedanken, was ich mit meiner Klientel unternehmen kann. Aber wenn ich dann vor Ort bin, spüre oder höre ich manchmal, dass mein geplantes Programm zu diesem Zeitpunkt nicht erwünscht ist. Oder dass es die körperliche Verfassung an diesem Tag schlicht und einfach nicht zulässt. Dann kommt jeweils eine gewisse Passivität auf. In solchen Momenten versuche ich die folgenden Tipps anzuwenden.
Tipp 1: Zuhören, motivieren und kurzfristig umdisponieren
Grundsätzlich bedeutet praktisch jeder Termin für Seniorinnen und Senioren zuerst einmal Stress, das weiss ich aus eigener, langjähriger Berufserfahrung. Ich versuche daher in jedem Fall herauszufinden, wieso sie «gerade heute wieder» mit Passivität zu kämpfen haben. Das kann viele Gründe haben: Im Sommer ist es zu warm, es plagt einen die Einsamkeit, es bestehen gesundheitliche oder familiäre Probleme – und so weiter. Ich höre also sehr gut zu, versuche aber sofort, das Gespräch auf ein anderes Thema umzuleiten. Ich will meine Klientinnen und Klienten aus ihrer Gedankenwelt (Negativität) herausreissen und ihnen etwas vermitteln, was ihnen Freude macht. Meine Erfahrung zeigt, dass dies im Alltag sehr gut funktioniert. Mit einem Spaziergang in der Natur, mit einer Kaffeepause oder einem Spiel verändert sich die Stimmung sehr schnell, und all dies ist kurzfristig ohne Probleme umsetzbar.
Tipp 2: Kraftquellen suchen und finden
Ich bin überzeugt, dass fast alle Menschen Kraftquellen haben; sie müssen diese nur suchen. Viele ältere Leute finden Kraft in der Religion, im Glauben oder in der Meditation. Andere wiederum finden sie in der Natur – zum Beispiel, indem sie eine Schifffahrt unternehmen oder in die Berge fahren. Je nach körperlicher Verfassung sind solche Ausflüge auch mit dem Rollstuhl möglich. Und ein grosser Teil der Seniorinnen und Senioren findet die Kraft auch im musischen Bereich. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass solche Kraftquellen ausserordentlich helfen, um der Passivität zu entfliehen und den Geist wieder zu beschäftigen.
Tipp 3: Frühere Hobbys wieder aktivieren und immer zur gleichen Zeit einplanen
Viele meiner betagten Klientinnen und Klienten erzählen mir, dass Hobbys für sie früher nicht so ein Thema waren wie heute. Sie hatten schlicht keine Zeit dafür und hatten sich um anderes, die Probleme des täglichen Lebens, zu kümmern. Viele erfreuen sich heute ganz einfach an einem persönlichen Gespräch: mit Inhalt, aber ohne Blabla, also darüber, was ihnen wirklich wichtig ist. Ihnen Zeit zu schenken ist daher etwas vom Besten, was man tun kann. Und wenn ein Hobby (z.B. Schwimmen oder Wandern) aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist, dann sucht man mit der Seniorin oder dem Senior eben eine Beschäftigung, die doch noch geht und die Freude macht. Das kann das Vorlesen aus einem Buch sein, ein neues Kartenspiel, oder man singt zusammen ein Lied, besucht ein Konzert usw. Ganz wichtig dabei ist die Konstanz: Ich zum Beispiel treffe meine Kunden immer am gleichen Tag und zur selben Zeit. Ein fixer Termin in ihrem Kalender – das ist etwas, worauf sie sich freuen können und was ihnen Abwechslung vermittelt. So kann auch das Nichtstun, die Passivität, eine bereichernde Aktivität sein!