Seniorin beim Zeitungslesen

Häufig wird eine Altersdepression dem natürlichen Alterungsprozess zugerechnet. Das ist aber nicht immer so. Zwar lässt im Alter mit der körperlichen und geistigen Kraft manchmal auch die Lust auf bisher gewohnte Aktivitäten nach. Doch die Symptome dieser Krankheit sind oft nicht auf den ersten Blick erkennbar. In meiner täglichen Arbeit als private Seniorenbetreuerin und auch in meinem privaten Umfeld komme ich immer wieder mit der Altersdepression in Kontakt. Was steckt also dahinter – und gibt es Lösungen? Ich bin keine Ärztin und/oder Spezialistin auf diesem Gebiet, aber wie bei vielem kann man auch bei der Altersdepression etwas tun, um Gegensteuer zu geben.

Mögliche Lösungen für Angehörige und betreuende Personen

Nachfolgend gebe ich gemäss meiner Berufserfahrung und diversen Lektüren ein paar Tipps, mit denen man die Lebensqualität älteren Menschen steigern kann. Damit lässt sich der Altersdepression vorbeugen oder entgegenwirken. Selbstverständlich sind diese Tipps nicht für alle Seniorinnen und Senioren geeignet, auch ist diese Aufzählung nicht abschliessend.

  1. Hören Sie auf das Klagen der älteren Person. Nehmen Sie ihre Beschwerden sehr ernst. Im Umgang mit altersdepressiven Patienten ist es nämlich besonders wichtig, dass Angehörige und andere Kontaktpersonen die Beschwerden als Erkrankung anerkennen.
  2. Personen, die im täglichen Kontakt mit älteren Menschen stehen, bemerken meist als erste, dass sich jemand anders verhält. Gehen Sie das Thema Altersdepression behutsam an. Und weisen Sie mit viel Liebe und Geduld die betroffene Person auf die guten Heilungschancen durch eine mögliche Behandlung (evtl. auch eine medikamentöse) hin.
  3. Vermeiden Sie Phrasen wie «Das kommt schon gut». Damit wird der kranken Person nämlich lediglich vermittelt, dass man sie nicht versteht. Versuchen Sie verständnisvoll zu agieren. Ältere Menschen spüren sehr schnell die Oberflächlichkeit einer Aufmunterung. Wichtig ist, dass Sie zuhören und geduldig bleiben.
  4. Helfen Sie, den Tag der betreuten Person über Eckpunkte zu strukturieren. So zum Beispiel über feste Zeiten fürs Aufstehen, Essen und Schlafen. Dabei sind auch Aktivitäten wie das Spazierengehen, das Lesen, das Singen oder das Beten hilfreich.
  5. Wenn es deren körperliche und geistige Gesundheit noch zulässt, aktivieren Sie die kranke Person. Sei es, dass man sich mit anderen trifft, einem geliebten Hobby nachgeht oder einfache Dinge tut, die einem schon immer Freude bereitet haben.
  6. Die Koordination unter den Beteiligten (Senior/Seniorin, Angehörige sowie Pflege- und Betreuungspersonal) ist enorm wichtig. Vor allem sollten alle an einem Strick ziehen und sich um einen familiären und partnerschaftlichen Austausch bemühen.
  7. Bestärken Sie ältere Menschen darin, ihre sozialen Kontakte aufrechtzuerhalten – oder sogar noch einmal neue Kontakte zu knüpfen. Das kann beispielsweise durch den Beitritt zu einem Verein oder einem Chor sein.
  8. Helfen Sie älteren und kranken Menschen dabei, Vergangenes besser zu bewältigen. Zeigen Sie ihnen, worauf sie stolz sein dürfen und was sie geleistet haben. Seien Sie aber auch ehrlich hinsichtlich Unerwartetem und unverhofften Ereignissen, die eintreffen können und werden.
  9. Es gibt genügend Literatur zur Altersdepression. Diese zu Rate zu ziehen hilft allen Beteiligten. Auch Selbsthilfegruppen für Angehörige können für die betroffenen Familienmitglieder eine wichtige Hilfe sein.
  10. Sofern die hier genannten Tipps nicht weiterhelfen, wird eine Therapie bzw. ein Arztbesuch, allenfalls eine Einweisung in eine Klinik, wohl unumgänglich. Doch es darf keine «Hauruckübung» sein, sondern sollte erst entschieden werden, wenn sich alle (vor allem die betroffene Person) mit dem Gedanken haben anfreunden können.

Anlaufstellen für Betroffene, Angehörige und betreuende Personen:

Zentrum für Gerontologie, Universität Zürich
pro mente sana
Netzwerk Angehörigenarbeit Psychiatrie