Seniorin mit Ernährungsberaterin

Eine ausgewogene Ernährung wird mit zunehmendem Alter immer wichtiger, will man Vitalität und Wohlbefinden erhalten. In diesem Artikel werden interessante Aspekte zum Thema ausgewogene Ernährung aus ganzheitlicher Sicht dargestellt.

Doch was heisst ganzheitlich? Unser Leben sowie die Art, wie wir es leben, und alles, was es beeinflusst, lässt sich grundsätzlich in sechs sogenannte Lebensdimensionen unterteilen. Bezieht man nun, wenn man das Leben betrachtet, alle diese Dimensionen in die Betrachtung mit ein, sprechen wir von einer ganzheitlichen Sichtweise. Und diese Sichtweise ist der Schlüssel, um sich auch im Alter ausgewogen, und damit gesund, zu ernähren.

Das von Dr. Dr. Yvonne Maurer vom Institut für Körperzentrierte Psychotherapie (IKP) in Zürich entwickelte Würfelmodell stellt die sich gegenseitig beeinflussenden Dimensionen übersichtlich dar.

6 Lebensdimensionen als Basis für die ausgewogene Ernährung von Senioren:

Würfelmodell nach Dr. Dr. Yvonne Maurer, IKP Zürich

Würfelmodell von Dr. Yvonne Maurer

Lebensdimension 1: Körper und Wohlbefinden

Senioren (bzw. auch deren Angehörige) können sich folgende Fragen stellen:

Wie geht es meinem Körper?
Ernähre ich mich ausgewogen?
Trinke ich genügend Flüssigkeit?
Bewege ich mich regelmässig?

Wir alle benötigen mit zunehmendem Alter immer weniger Energie bzw. Kalorien. Dabei bleibt jedoch der Nähr-, Vitamin- und Mineralstoffbedarf gleich oder nimmt sogar zu. Dies bedeutet, dass Senioren Lebensmittel mit einer hohen Energiedichte bewusst zurückhaltend und massvoll geniessen sollten – dies sind in der Regel verarbeitete Lebensmittel mit einem hohen Fett-, Salz- und/oder Zuckergehalt. Den Vorzug gibt man bei der Ernährung besser möglichst wenig oder gar nicht verarbeiteten Lebensmitteln mit niedriger Energiedichte, jedoch einem hohen Gehalt an nicht energieliefernden Nährstoffen (z.B. Vitamine und Mineralstoffe).

Zu den geeigneten Lebensmitteln gehören insbesondere Vollkornprodukte – auch Teigwaren – und vollwertige Brotsorten, Reis und Hülsenfrüchte.

Täglich auf dem Speisezettel stehen sollten auch möglichst unterschiedliche, Gemüse- und Obstsorten. Ein ganz besonderes Augenmerk gilt den Eiweissen. Senioren essen deshalb pro Tag mit Vorteil mehrmals etwas aus der Milchprodukte-Palette und, sofern gerne, möglichst eine Portion Fleisch, Fisch, Eier oder Tofu.

Dazu empfehlen sich täglich hochwertige Pflanzenöle (z.B. Raps- und Olivenöl) sowie unbehandelte Nüsse. Zum Essen gehört natürlich auch das Trinken. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist eminent wichtig, um eine normale Körperfunktion sowie geistige Leistungsfähigkeit und Konzentration sicherzustellen.

Mengen-/Portionenangaben und weitere Informationen vermittelt die Broschüre «Ernährung für ältere Erwachsene» der Schweiz. Gesellschaft für Ernährung. Sie ist online erhältlich unter http://www.sge-ssn.ch/media/merkblatt_ernaehrung_fuer_aeltere_erwachsene_2011.pdf

Nebst dem Essen sollen Senioren auf regelmässige körperliche Bewegung (zwei- bis dreimal pro Woche) achten. Dies hilft, die Vitalität und das Wohlbefinden zu erhalten.

Lebensdimension 2: Psyche und Geist

Das Essen hat einen grossen Einfluss auf die Stimmung – und umgekehrt. Zum einen lässt sich eine negative Stimmung durchs Essen anheben. Zum anderen kann eine angenehme Atmosphäre eine positive Wirkung auf die Stimmung beim Essen ausüben. Mahlzeiten, die farblich kunstvoll arrangiert und auf schönen Tellern angerichtet werden, schmecken besser als z.B. weisser Blumenkohl an weisser Sauce mit Kartoffelpüree auf einem weissen Teller. Findet das Essen dazu noch in angenehmer Gesellschaft statt, erhöht dies den Appetit noch weiter.

Lebensdimension 3: Beziehungen und Sozialleben

Gerade bei Senioren ist es wichtig, dass sie öfters in Gesellschaft essen können. Eine fröhliche und unterhaltsame Tischrunde animiert zum Essen. Auch die Angehörigen tragen dazu bei, dass die älteren Familienmitglieder gesellschaftlich begleitet werden und das sichere Gefühl vermittelt erhalten, mit Kindern, Grosskindern oder auch Freunden und weiteren Menschen in Kontakt zu kommen.

Auch die unter der körperlichen Dimension erwähnte Bewegung macht mehr Spass, wenn sie in Gesellschaft stattfinden kann. Es gilt also, sich frühzeitig um ein integres soziales Netz zu kümmern, dieses zu erhalten und es – ganz wichtig – auch weiter auszubauen.

Lebensdimension 4: Spiritualität und Sinnstiftung

Beim Kontakt mit anderen Menschen können gute Gespräche entstehen. Oder es ergeben sich daraus auf einmal auch Aufgaben. So besteht zum Beispiel die Möglichkeit, für jemanden da zu sein, der Unterstützung benötigt. Sich zu engagieren heisst auch, sich für etwas einzusetzen und so durch eine Aufgabe den Sinn im Leben zu finden. Sich für etwas zu engagieren, was Freude macht und Energie spendet, muss jedoch nichts mit Ernährung bzw. dem Essen zu tun haben, um sinnvoll zu sein.

Dann wären da noch die beiden letzten Lebensdimensionen «Raum» und «Zeit». Um sich eine ausgewogene Ernährungsweise unter diesen Aspekten zu überlegen, kann sich eine Seniorin oder Senior wiederum verschiedene Fragen stellen.

Lebensdimension 5: Raum und Ambiance

Mögliche Fragen:
An welchem Ort esse ich?
Wie sieht es im Raum oder draussen aus?
Wie ist der Tisch gedeckt?
Hat es schöne Tischsets, Blumen, Kerzen oder eventuell sogar angenehme Musik?
Was liegt sonst noch auf dem Tisch, und brauche ich diese Utensilien während des Essens?

Lebensdimension 6: Zeit und Musse

Mögliche Fragen:
Nehme ich mir genügend Zeit zum Kochen?
Nehme ich mir genügend Zeit zum Essen?
Wie gut kaue ich die Nahrung? (Gut gekaut ist halb verdaut!)
Wie oft esse ich am Tag?

Nachdem nun alle Lebensdimensionen zum Thema ausgewogene Ernährung beleuchtet wurden, wird die ganzheitliche Sichtweise besser verständlich. Auf einmal wird klar, dass appetitlich angerichtetes Essen in Gesellschaft, in einem hellen Raum sowie auf einem aufgeräumten und schön gedeckten Esstisch für Sinn und Freude sorgt. Die ganzheitliche Sichtweise kann darüber hinaus auch dazu beitragen, dass eine regelmässige, ausgewogene Ernährung sichergestellt ist. Und auch die Bewegungsfähigkeit sowie die Mobilität bleiben erhalten – wichtig, damit eine Seniorin oder Senior möglichst lange uneingeschränkt soziale Kontakte und sinnstiftende Aufgaben pflegen können.

Fazit: Im Alter sollte nicht nur auf eine ausgewogene Ernährung geachtet werden, sondern alle miteinander verknüpften Lebensdimensionen in seinen Alltag mit einbeziehen.

Weitere Informationen zu diesen Themen finden Sie unter www.bilanxis.ch

Eva Baumann ist Mitglied beim Berufsverband Ernährungs-Psychologische Beratung Schweiz (ebp Schweiz) sowie bei der Schweiz. Gesellschaft für Beratung (SGfB).

www.epb-schweiz.ch

www.sgfb.ch