Ältere Senioren mit Enkelin am Klavier

Berührungen sind etwas so Alltägliches, Selbstverständliches, dass man sie gerne ein wenig vernachlässigt – vergisst, wie grundlegend wichtig sie sind. Denn ohne Berührungen kann kein Mensch, kein Lebewesen existieren. Und so sucht jeder Mensch in einer Beziehung Berührungen. Ganz besonders empfänglich für Berührungen sind Seniorinnen und Senioren. Bekommt ein Mensch in einer Beziehung zu wenig Berührung, sucht er sich andere Quellen. Denn der Mensch ist ein Beziehungswesen. Er kann für sich allein «fast» nicht existieren. Mit unseren fünf Sinnen (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen) kommunizieren wir mit der Welt und den Mitmenschen. Wir bauen gegenseitige Begegnungen und Beziehungen mit anderen Menschen auf. Ein Mangel an Beziehung und Berührung hingegen bringt einen Mangel an emotionaler und auch körperlicher Gesundheit mit sich.

Berührungen sind ein wertvolles Mittel, um Liebe auszudrücken

Zu meiner täglichen Arbeit als private Seniorenbetreuerin gehören natürlich auch Berührungen. Doch in der schwierigen Zeit, die wir gegenwärtig durchmachen, kommen Berührungen mit und bei Senioren leider vielfach zu kurz. Dabei sind diese gerade bei älteren Menschen äusserst wichtig! Oftmals zaubert eine Umarmung, ein Händehalten oder ein Berühren der Wangen ein Lächeln in ihr Gesicht. Berührungen sind ein sehr wertvolles Mittel, um Liebe, Zuwendung und Aufmerksamkeit auszudrücken. Und das ganz ohne Worte.

Gerade bei Senioren ist Prävention besonders wichtig: Für sie gilt es die sozialen Bindungen aufzubauen bzw. aufrechtzuerhalten. Besonders wichtig ist es ihnen, weiterhin viel Kontakt mit der eigenen Familie zu haben. Auch der generationenübergreifende Kontakt zu den Enkeln ist ausserordentlich hilfreich. Diese wunderbare, auch von spontanen und herzlichen Berührungen geprägte Beziehung zwischen den Jungen und Oma oder Opa hilft beiden Seiten. Sie ist wichtig und fördert das gegenseitige Verständnis. Grosseltern leben richtig auf, wenn sie von ihren Enkeln erzählen (und ihnen etwas erzählen können). Es erfüllt ganz viele mit grossem Stolz und Freude, wenn sie ihren Mitmenschen Positives über diese junge Generation berichten können.

Wer alleine zu Hause ist bzw. in einem Senioren- oder Pflegeheim lebt, für den ist eine Pflege- und Betreuung mit vielen Berührungen ebenfalls sehr wichtig. Immer vorausgesetzt, dass diese vom Betroffenen gewollt und liebe- und respektvoll ausgeführt wird. Wenn die geistigen Kräfte schwinden und die Sprache verlorengeht, bleiben oftmals nur Berührungen als Kontaktmöglichkeit zur Aussenwelt. Ich bin überzeugt, dass die betroffenen Menschen das sehr gut spüren und wahrnehmen. Und es hilft ihnen oftmals, mit kleinen Gesten (z.B. einem Lächeln, einem Augenzwinkern usw.) ihre Dankbarkeit und Wahrnehmung zum Ausdruck zu bringen.

Körperliche Berührung für Senioren: Optionen und Begegnungsräume

Weil viele Seniorinnen und Senioren in ihrem sozialen Umfeld nicht ausreichend Berührung finden, werden externe Optionen immer wichtiger.

  • Senioren mit oder ohne Partner suchen den nötigen körperlichen Kontakt oftmals beim Arzt. Der Arztbesuch mitsamt der körperlichen Untersuchung ist für viele die einzige Möglichkeit, überhaupt noch berührt zu werden.
  • Generell das Gesundheitssystem: Ob Ärztin/Arzt, Pflegepersonal oder Therapeutin/Therapeut – sie sind eine weitere externe Quelle körperlicher Berührungen für Seniorinnen und Senioren.
  • Beim Tanzen, Singen und Musizieren sind Senioren in der Gruppe. Je nach körperlichen Möglichkeiten sind Berührungen (z.B. beim Händehalten) noch möglich.
  • Tiere: Katzen, Hunde und andere Haustiere brauchen Zuwendung. Auch wollen sie gestreichelt werden und vermitteln Berührungen, wenn sie sich dankbar an ihr betagtes Frauchen oder Herrchen schmiegen.
  • Seniorenferien mit Wellness und Massagen: Diese können für Körper und Seele sehr wohltuend sein. Massagen und andere Anwendungen sind grundsätzlich positiv und bieten eine gute Möglichkeit, genügend Berührungen zu erhalten.

Die Qualität der Berührung ist dabei entscheidend für ihre Wirkung. Positive Berührung führt über das vegetative Nervensystem zur Beruhigung und Entspannung und hat sogar schmerzlindernde Wirkung. Die Immunabwehr und das Herz-Kreislauf-System werden gestärkt, was gerade für Senioren extrem wichtig ist. Auf psychischer Ebene sorgen ausreichend positive Berührungen zudem für Gefühle der Sicherheit, des Vertrauens, der Verbundenheit, der Identitätsstärkung und der Kooperationsbereitschaft. Das Fazit ist klar: Ja, Berührungen sind etwas Alltägliches. Aber ganz besonders für ältere Mitmenschen sollten sie es auch sein, sind sie jeden Tag notwendig und höchst willkommen.