Am 24. September 2017 stimmen die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über die «Altersreform 2020» ab. Welche Vor- und Nachteile bringt die geplante Reform und wie stellt sich Pro Senectute als grösste und bedeutendste Fach- und Dienstleistungsorganisation für Altersfragen zur geplanten Gesetzesänderung? Ein Interview Werner Schärer, Direktor Pro Senectute Schweiz.
Um was geht es bei der Volksabstimmung zur «Altersreform 2020»?
Der demografische Wandel, die höhere Lebenserwartung und die gesunkenen Anlagerenditen der 2. Säule, stellen unser Rentensystem vor grosse Herausforderungen. Die Reform hat zum Ziel, die aktuellen und künftigen Renten zu sichern, indem sie zusätzliche Gelder für die AHV generiert und dafür sorgt, dass das angesparte Geld in der Pensionskasse länger reicht.
Die wichtigsten Änderungen sind:
- Rentenalter 65 für Frauen.
- Die Mehrwertsteuer wird um 0.6 Prozent angehoben, wobei effektiv ab 2021 nur 0.3 % zusätzlich anfallen.
- Der Umwandlungssatz für die Pensionskassenrenten im obligatorischen Teil sinkt von 6.8 auf 6 Prozent. Ein Umwandlungssatz von 6% bedeutet, dass auf ein Vorsorgekapital von beispielsweise Fr. 200’000.— lebenslang eine Altersrente von Fr. 12’000.— statt wie bisher von Fr. 13’600.— ausbezahlt wird.
- Die flexible Pensionierung wird erleichtert.
Die Reform sieht zudem verschiedene Ausgleichsmassnahmen vor, damit die Renten nicht sinken:
- Arbeitnehmer im Alter 35 bis 54 zahlen ein Lohnprozent mehr für die berufliche Vorsorge. Diese Erhöhung gleicht die Senkung des Umwandlungssatzes aus und verbessert zugleich die BVG-Rente der Versicherten.
- Die AHV-Abzüge werden um 0.3% (je 0.15% Arbeitgeber & Arbeitnehmer) angehoben, damit wird u.a. der AHV-Zuschlag finanziert.
- Der Koordinationsabzug wird gesenkt. Das heisst: Teilzeitarbeitende und Arbeitnehmende mit mehreren Stellen (zum Beispiel Frauen im Pflegebereich) haben einen höheren versicherten Lohn und können entsprechend auch ein höheres Sparguthaben bei der Pensionskasse aufbauen.
Die Volksabstimmung findet am 24. September 2017 statt. Wie steht Pro Senectute zu dieser Vorlage?
Die Reform ist dringend nötig. Die Vorlage ist ein wichtiger Schritt, um die aktuellen und künftigen Renten in der Schweiz für die nächsten 15 Jahre zu sichern Noch länger zuzuwarten wäre gefährlich für das gesamte Rentensystem und ein schlechtes Zeichen für die jungen Menschen in der Schweiz.
Falls die Gesetzesänderung nicht angenommen wird: Was geschieht aus Sicht von Pro Senectute?
Das Parlament müsste eine neue Vorlage erarbeiten und verabschieden. Das dauert bekanntlich seine Zeit. Wenn die Reform abgelehnt wird, verfügt der AHV-Fonds gemäss Berechnungen des Bundesamts für Sozialversicherungen im Jahr 2030 nur noch über 7 Milliarden Franken, womit nur 12% der Ausgaben gedeckt werden könnten. Eine Situation, die den sozialen Frieden arg strapazieren würde.
Falls die Gesetzesänderung angenommen wird: Von welchen Verbesserungen profitieren Seniorinnen und Senioren?
Für die Menschen, die aktuell im Pensionsalter sind, ändert sich nichts. Sie haben keine Einbussen. Ab 2021 müssten Sie, wie alle anderen Menschen in der Schweiz, lediglich 0.3% mehr Mehrwertsteuer bezahlen. Diese Einnahmen aus der Mehrwertsteuer tragen zur Sicherung der bestehenden Renten bei.
Was bedeutet die Altersreform 2020 für künftige Seniorinnen und Senioren?
Zukünftige Rentner erhalten einen AHV-Zuschlag von Fr. 70.— (Unverheiratete) und von Fr. 226.— (Ehepaare und eingetragene Partnerschaften) pro Monat. Damit werden die Einbussen durch die Senkung des Umwandlungssatzes bei der Pensionskasse kompensiert.