Dass man alt geworden ist, merkt man ganz von selbst – nämlich dann, wenn man das Gefühl hat, ein Gebrechen jage das nächste. Auch meine Eltern wurden eines Besseren belehrt: Jahrelang haben sie mir gepredigt, dass älter werden «halt einfach dazugehört». Und dann begann es auch bei ihnen mal hier weh zu tun, mal da … Ja, das Leben im Alter ist nicht immer ganz einfach – aber es ist dennoch sehr lebenswert. Und darum lohnt es sich, dieses Leben aktiv und positiv zu gestalten.
Reden Senioren immer nur über Krankheiten und ihre Probleme?
Diese erste Frage muss ich vehement mit Nein beantworten. Als private Seniorenbetreuerin und Gesellschafterin erlebe ich fast jeden Tag ganz viele positiv gestimmte Seniorinnen und Senioren. Sie sind einfach glücklich, dass sie leben, gut aufstehen können, um den Tag zu geniessen, und gesund sind. Auch das Wort «Demut» hat bei meinen Klientinnen und Klienten eine grosse Bedeutung. Ein Gewahrwerden ihrer persönlichen Stärken und ihrer Schwächen, ebenso eine Bereitschaft, zu ihren Schwächen zu stehen, hilft älteren Menschen sehr, ihren Alltag besser zu meistern.
Wie kann man achtsam und abwechslungsreich älter werden?
Diese zweite Frage geht mir in letzter Zeit auch schon öfters mal im Kopf herum. Wenn man zu ihr ein paar Antworten findet, ist man schon einen guten Schritt weiter, um das Leben – auch das eigene – im Alter lebenswerter zu machen. Mein Vorteil dabei ist, dass ich schon von meinen Eltern und meiner Klientel lernen und profitieren kann. Sie haben mir einige Tipps und Ratschläge vermittelt, und die habe ich nachstehend zusammengestellt. Die Aufzählung ist natürlich nicht abschliessend.
- Achten Sie auf Freude, Herzlichkeit, Dankbarkeit und Glück. Vermeiden Sie Negatives, nehmen Sie die Unannehmlichkeiten ohne Groll an. Konzentrieren Sie sich auf das halb volle und nicht auf das halb leere Glas.
- Bewegung und Sport helfen in jedem Lebensalter sehr, dass man körperlich und geistig fit bleibt. Zudem fördert die körperliche Betätigung die Wahrnehmung, die Erhaltung von koordinativen Fähigkeiten (z.B. Gleichgewichts-, Rhythmisierungs-, Orientierungs-, Differenzierungs- und Reaktionsfähigkeit) und die Verbesserung der konditionellen Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit). Gehen Sie wenn immer möglich zu Fuss und versuchen Sie 5000, dann 7000 und später vielleicht sogar 10’000 Schritte pro Tag zurückzulegen. Je nach Alter und physischer Gesundheit sind auch schon weniger Schritte sehr gut.
- Um möglichst fit und gesund zu bleiben, ist die Ernährung ebenso wichtig. Achten Sie darauf, dass Sie regelmässig essen und trinken sowie Früchte und Gemüse auf den Menüplan setzen. Bevorzugen Sie Nahrungsmittel und Essenszeiten, die Ihrem Körper guttun.
- Nicht nur ein gesunder Körper, auch ein stabiler Geist ist ganz wichtig für einen schönen Lebensabend. Versuchen Sie darum mehrmals täglich, jeden Augenblick in all seinen Dimensionen wahrzunehmen. Lösen Sie sich vom Negativen in der Vergangenheit oder von Fantasien über die Zukunft. Werden Sie sich bewusst, dass das Leben gerade jetzt stattfindet. Mit guten Gedanken schafft man das viel besser. Achten Sie zudem auf Ihren Atem, denn dadurch wird dieser ruhiger und gleicht Stress und Angst aus. Das Ein- und Ausatmen ist der Basisrhythmus des Lebens.
- Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihre Gesundheit (Geist und Körper), auch wenn Sie immer wieder mal einen Arzt für Kontrollen aufsuchen müssen. Nehmen Sie dann aber aktiv an der Behandlung teil, indem Sie z.B. Übungen machen, gute Bücher lesen und sich mit Ihrem Geist und Ihren Gedanken auseinandersetzen.
- Bleiben Sie nicht still. Nehmen Sie immer wieder kleine Herausforderungen an, denn Langeweile und Stagnation nehmen dem Alter seine Schönheit. Wagen Sie zum Beispiel eine kleine Tagesreise, oder knüpfen Sie neue Beziehungen. Und das ist natürlich auch in einer Altersinstitution möglich.
- Der Tod kommt bei allen Menschen irgendwann. Weichen Sie dem Thema nicht aus – beschäftigen Sie sich auch einmal bewusst mit dem Tod, indem Sie etwa ein Buch über das Sterben lesen oder die Bibel zur Hand nehmen. Je früher wir uns mit dem irdischen Ende auseinandersetzen, desto besser. Dieses «sich bewusst Werden» baut bei vielen Menschen die Angst vor dem Tod ab und zeigt gleichzeitig die Kostbarkeit des Lebens. Und nicht zuletzt das Gebet und der Glaube an ein Weiterleben der Seele können für ein lebenswertes, erfülltes Alter sehr hilfreich sein.