Pflegefachfrau hilft Seniorin beim Spielen

Fakt ist zuerst einmal: Ohne Empathie kann ich meiner Berufung als private Seniorenbetreuerin gar nicht gerecht werden. Ist man empathisch, dann hat man die Gabe, sich gut in die Gedanken und Gefühle von älteren Menschen hineinzuversetzen. Man versteht das Verhalten seiner Klientinnen und Klienten besser und kann es zum Teil nachvollziehen oder gar vorhersagen. Ohne Empathie hingegen würde das Zusammenleben nur sehr schwer funktionieren. Denn es gibt keine Einweg-Empathie. Empathie und Sympathie braucht es von beiden Seiten. Man spürt dann besser, wann es angebracht ist, auf «heikle» Themen zu verzichten oder sie allenfalls besser gleich anzusprechen. Rücksicht, Respekt und Unterstützung basieren auf einem gesunden Mass an Empathie. An andere zu denken und ihnen zu helfen gibt einem grosse Zufriedenheit und sorgt für Wertschätzung. Doch es gibt Situationen und Momente, wo Empathie durchaus auch schaden kann. Wo ist eine Grenze zu ziehen? Hier meine persönlichen Erfahrungen.

Hin und wieder auch Nein sagen können

Auch empathische oder betreuende Personen vergessen dann und wann, dass auch sie an ihre Grenzen kommen können und dann Gefahr laufen, sich zu überfordern. Zu viel Empathie und Unterstützung kann einen dazu bringen, eher mehr zu helfen, als man es wirklich vermag. Das kenne ich von mir selbst nur zu gut. Wir erkennen die Belastung des Gegenübers, aber unsere eigene Belastung bemerken wir zu spät. Es ist daher extrem wichtig, auch einmal Nein zu sagen. Man braucht für die eigenen Ressourcen eine gesunde Grenze – ein Ja, für sich selbst einzustehen.

Nicht Probleme von anderen übernehmen

Als empathische Person fühlt man oft sehr schnell, was das Gegenüber fühlt. Das ist eine wunderbare Gabe. Die Schattenseite oder die Schwierigkeit dabei ist ist aber, dass man auch das Negative oder die Probleme des Gegenübers auf sich selber übergehen lässt. Hier ist es ganz wichtig, dass man Mitgefühl zeigt, aber kein Mitleiden zulässt. Wir sollten keine Probleme von anderen Menschen übernehmen, denn wir sind für deren eigene Konflikte nicht verantwortlich und können sie auch nicht lösen. Es ist wichtig, dass man die emotionale Distanz wahrt. In meiner täglichen Arbeit als private Seniorenbetreuerin kann sich dieser Zustand auch rasch wieder ändern: Was noch vor einer Stunde als sehr schlimm empfunden wurde, ist nun auf einmal halb so schlimm. Aber: Man muss und soll die Senioren in ihren Problemen selbstverständlich ernst nehmen und ihnen echt zuhören. Das hilft oftmals sehr viel.

Zwischen Empathie und Mitgefühl unterscheiden

Was ist der Unterschied zwischen Empathie und Mitgefühl? Kann man Mitgefühl trainieren? Ist es messbar? Wie kann Mitgefühlstraining an Schulen, in Kliniken und bei der Betreuung von Sterbenden angewandt werden? Verändert sich das Gehirn durch mentales Training? Das kostenlose eBook «Mitgefühl. In Alltag und Forschung» von Tanja Singer und Matthias Bolz beschreibt bestehende Trainingsprogramme, den aktuellen Stand der Wissenschaft sowie Erfahrungsberichte aus der Praxis. Die neuartige Gestaltung des eBooks bietet umfangreiches Videomaterial, originelle Soundcollagen von Nathalie Singer sowie künstlerische Fotos von Olafur Eliasson.

Empathie lernen – aber geht das überhaupt?

Ehrlich gesagt habe ich darauf keine Antwort. Zudem habe ich einmal gelesen, dass Spiegelneuronen ein Resonanzsystem im Gehirn sind, das den Empfänger Gefühle und Stimmungen anderer Menschen erkennen lässt. Ohne die Spiegelneuronen wäre es uns Menschen also nicht möglich, Empathie zu empfinden. Aus meiner Erfahrung kann ich zum Glück sagen, dass die meisten betreuenden Personen empathisch sind. Ohne dieses grundlegende Wesensmerkmal lässt sich eine solche Tätigkeit, wie ich und viele andere Menschen sie ausüben, aus meiner Sicht schlicht nicht ausüben.