Generationenwohnen – nicht alleine, sondern gemeinsam viel erleben

Mehrere Generationen, die zusammenleben – das gibt es schon länger. Doch warum ist das Thema «Generationenwohnen» gerade wieder in – und bei neuen, innovativen Wohnbauprojekten gar als grundlegende Leitlinie festgeschrieben? Schon seit Menschengedenken leben wir in Familienverbünden zusammen. So war es noch zur Zeit meiner Eltern oder Grosseltern völlig üblich, dass mehrere Generationen im gleichen Haus leben, wie zum Beispiel die Menschen auf Bauernhöfen. Doch eine Selbstverständlichkeit ist das schon lange nicht mehr. Gründe wie Platz, Individualismus, der Wunsch nach Freiheit im Eigenheim und in der Arbeit usw. sprechen gegen das Generationenwohnen. Doch geblieben ist bei vielen (jung wie alt) der Wunsch nach sozialen Kontakten. Und genau daran setzen Mehrgenerationen-Wohnprojekte an: Dort leben Einzelpersonen, Paare und Familien unterschiedlichen Alters neben- und gleichzeitig miteinander. Dieser bunte Mix aus verschiedenen Lebensphasen und -erfahrungen macht solche gemeinschaftlichen Wohnformen lebendig und schafft Diversität.

Meine Erfahrungen mit dem Generationenwohnen sind vielfältig und spannend

«Sehe ich dich heute beim Abendessen?» «Brauchst du etwas aus dem Supermarkt?» «Klar, passe ich morgen auf deine Kinder auf!»

Kürzlich überraschte mich ein Freund (65+) mit der Mitteilung, dass er sich nun zum Umzug ins Generationenhaus angemeldet habe. «Du?», fragte ich verblüfft. Ja, meinte er, denn das Konzept, bei dem Menschen verschiedenen Alters, unterschiedlicher sozialer Schichten und diverser Kulturen zusammenleben, überzeuge ihn. Der Anonymität seiner grossen Wohnung leid, verspüre er Lust, in einer Gemeinschaft mitzuwirken.

So wie er denken immer mehr Menschen. Generationenwohnen ist nicht nur ein Trend, sondern ein Lebensgefühl. Von Basel über Bern und Winterthur bis nach Zürich schauen wir bewundernd auf die Vielzahl von Generationenbauprojekten. Auf Siedlungen, in denen jede und jeder Einzelne einen Beitrag zum Gesamtwohl leistet und auch davon profitiert: von der Nachbarschaftshilfe, dem Pflanzengiessen bei Ferienabwesenheiten, von Kinderhüte- und Chauffeurdiensten oder kleinen Näh-, Schreib- und Handwerksarbeiten. Das Miteinander am gemeinsamen Mittags- oder Abendtisch gehört hier genauso dazu wie das Sommerfest oder etwa der Deutschunterricht für anderssprachige Nachbarn. Das Generationenwohnen zieht Menschen an, die eine Gemeinschaft suchen, gleichzeitig aber ihre Unabhängigkeit bewahren wollen. Sie leben nach der Devise: Statt wenige Dinge allein vieles gemeinsam besitzen.

Ist das Generationenwohnen ein Mittel für eine heile Welt?

Vielleicht lässt sich mit dem Generationenwohnen nicht gleich die Welt retten. Sicher aber verschafft es denen, die daran teilnehmen, Raum für ein spezielles Lebensgefühl. Doch dafür braucht es zunächst einmal das passende Gebäude. Neben privaten Wohnräumen – meist kleiner als gewohnt – gehören dazu genügend Aufenthalts- und Begegnungsräume. Unabdingbar ist auch eine gut eingerichtete Küche, in der man für die Gemeinschaft kochen und gemeinsam am grossen Tisch essen kann.

Ausschlaggebend für die Lebensqualität im Generationenhaus sind jedoch die Menschen. Ihr Mitmachen, ihre Toleranz und der gegenseitige Respekt entscheiden, ob ein aktives Miteinander entstehen kann. Bei den Generationenwohnprojekten von Wohnimpuls in Gattikon und Biberist zum Beispiel wurden deshalb schon ab Projektbeginn Siedlungscoaches mit einbezogen. Sie berieten die Bauherrschaft in Fragen des Miteinanders, unterstützten die Architekten bei der Planung und richteten die Gemeinschaftsräume ein. Verantwortlich für die Vermietung, achten sie zudem auf eine gute Durchmischung der Bewohner und begleiten diese nach dem Einzug. Alles, damit das Generationenwohnprojekt zu einem lebendigen und aktiven Zuhause wird, in dem sich die Bewohnerinnen und Bewohner wohlfühlen, die jüngeren ebenso wie die älteren.

«Also doch eine heile Welt?», fragte ich meinen pensionierten Freund. «Wer weiss?», meinte er, «ich freue mich jedenfalls auf mein ungebundenes Leben in der Gemeinschaft.»