Die Erkenntnis, dass der Lebensradius im Alter kleiner wird, ist an sich nicht neu. Und sie wird mir bei meiner täglichen Arbeit als private Seniorenbetreuerin regelmässig sehr bewusst. Viele ältere Menschen, und so auch ein Teil meiner Klientel, haben Bedenken, dass sie buchstäblich jeden Tag weniger tun können, weniger weit herumkommen, weniger am Leben teilnehmen. Doch warum eigentlich? Im Seniorenalter mag der Körper nicht mehr ganz so frisch und beweglich sein, doch eine Menge Lebenserfahrungen macht das doch allemal wieder wett. Und auch wenn es manchmal mühsamer ist: Auf Spass und Freude muss im Alter niemand verzichten. Mit Recht darf sich jede ältere Person zurücklehnen und das Leben geniessen – das haben sich die Seniorinnen und Senioren wirklich verdient. Und als betreuende Person oder Angehörige kann man sich gut darauf einstellen und mit kleinen Dingen das Leben wunderbar gestalten.
Altergerecht leben – zuhause oder im «Betreuten Wohnen»
Immer mehr Menschen können dank guter Alters- und Gesundheitsvorsorge bis ins hohe Alter in den eigenen vier Wänden wohnen. Und viele wollen dies auch. Wer die eigene Wohnung als Belastung empfindet, aber grundsätzlich noch ganz fit ist, für den oder die ist vielleicht das sogenannte «Betreute Wohnen» eine gute Idee. An vielen Orten sind dafür in den letzten Jahren attraktive Möglichkeiten entstanden. Bei dieser Wohnform leben die älteren Menschen grundsätzlich selbständig, nur wenn sie Hilfe brauchen und diese auch wollen, kommen Betreuer ins Spiel. So erhält jeder Mensch die Unterstützung, die er benötigt, ohne auf Selbstbestimmung und Freiheit verzichten zu müssen.
Die Freizeitgestaltung an die eigenen Bedürfnisse anpassen
Ob Sport, Musik, Tanzen, Lesen, Spiele oder andere diverse Hobbys: Im Alter darf oder sollte man die Freizeitgestaltung an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Es soll alles ohne Druck geschehen. So können manche älteren Menschen keine langen Spaziergänge mehr machen. Kein Grund, ganz aufzuhören: Man geht einfach etwas weniger lang nach draussen – Hauptsache, man geht! Oder manchmal funktioniert beim Kartenspiel (z.B. Uno oder Jassen) nicht mehr alles zu hundert Prozent – die Zahlen werden mit den Farben vertauscht oder das Zusammenrechnen fällt schwer. Dann heisst es für mich wie für alle, die älteren Menschen Gesellschaft leisten: Nicht aufgeben, sondern einfach mit ganz viel Geduld, Liebe und Verständnis darauf reagieren und es immer wieder versuchen. Eine wichtige Aufgabe ist es, Seniorinnen und Senioren stets von Neuem zum Mitmachen zu motivieren, damit keine Langweile für sie entsteht. Und wenn ältere Menschen nicht mehr lesen können, so lieben sie es umso mehr, dass man ihnen vorliest. Ebenso sind das Singen, das Musikhören und das Tanzen für viele von ganz besonderer Bedeutung. All dies mit ihnen zusammen zu machen ist nicht schwer und zaubert ihnen ein Lächeln ins Gesicht. Auch wenn man nie einen Tanzkurs besucht hat und nicht Pavarotti heisst.
Die Möglichkeiten im kleinen Radius fördern
Mit zunehmendem Alter mag der Aktionsradius für viele Menschen kleiner werden. Dennoch – oder gerade deswegen – lässt sich aus weniger mehr machen und das noch vorhandene Potenzial weiter unterstützen. Wichtig: Man sollte Seniorinnen und Senioren bei möglichst vielen Tätigkeiten die Möglichkeit zum Mitmachen bieten. Die Idee dahinter: Menschen (auch jüngere) sind viel aufgestellter und motivierter, wenn sie das Gefühl erhalten, dass man nicht nur etwas für sie, sondern mit ihnen zusammen tut. Ihre empfundene Wertschätzung ist dabei oft dort am grössten, wo sie von Anfang an mit eingebunden sind, also schon bei der Vorbereitung einer Aktivität mitwirken. Und am Schluss auch wieder aufräumen? Da wird liebend gerne geholfen! Und natürlich sollte man auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen die Möglichkeit bieten, an möglichst vielen Aktivitäten teilzunehmen. Dass heisst, man muss an die Barrierefreiheit/Rollstuhlgängigkeit vor Ort denken – sowie an Hilfsmittel wie Rollatoren und Lift, behindertengerechte Toiletten und natürlich eine gute Erreichbarkeit per ÖV. Auch speziell auf Seniorinnen und Senioren ausgerichtete Fahrdienste bieten sich an – ob die Fahrgäste nun noch im eigenen Heim wohnen oder aus einer Institution anreisen. Fazit: Der eingeschränkte Radius im Alter ist oft nur eine «technische» Hürde. Und die kann man überwinden. Die Lebensfreude wächst dann (fast) ganz von selbst!