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Das Thema des Loslassens von Menschen am Ende ihres Lebens beschäftigt mich seit Jahren. Nicht nur ich finde es schwierig, es ist ganz allgemein sehr anspruchsvoll für Eltern sowie Ihre Kinder. Wie geht man damit um und schafft für die Betroffenen eine würdevolle Umgebung?

Es gibt dafür ganz sicher keine einfache Antwort und keine definierte Lösung. Loslassen, sich auf den Tod vorbereiten, das ist genauso individuell wie das ganze Leben. In meinem privaten Umfeld (meine Eltern sind schon betagt) und als private Seniorenbetreuerin bin ich deshalb sehr oft gefordert.

Vorbereitung und eine positive Einstellung unterstützen das Loslassen

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass eine gute Vorbereitung das Loslassen leichter machen kann. Sich vorbereiten kann heissen, sich an den Gedanken gewöhnen, dass im Alter nicht mehr alles seinen üblichen Lauf nimmt. Oder sich positiv darauf einstellen, dass Körper und Geist nachlassen, und diese Veränderung einfach annehmen.

Einen Satz höre ich von meinen Kunden und vielen älteren Menschen sehr oft: «Wenn man älter wird, weiss man, dass man sterben muss.» Und viele fügen noch hinzu: «Das ist der normale Lauf des Lebens.» Aus meiner Sicht hat die heutige «ältere» Generation (d.h. die ehemalige «Kriegsgeneration») zum Tod eine eher natürliche Beziehung. Viele von ihnen fürchten sich nicht vor dem Tod. Eher beschäftigt sie die Ungewissheit, wie das Sterben werden könnte. Die aktuelle Pandemie hat jedoch gezeigt, dass andere, jüngere Zielgruppen mit dem Tod viel mehr Mühe haben bzw. damit ebenso wenig umgehen können.

Was kann für das Loslassen unterstützend und wertvoll sein?

Die Rollenverteilung verändert sich, wenn Menschen älter und schliesslich alt werden: Kinder werden zu Eltern – und Eltern wieder zu Kindern. In meiner langjährigen Praxis der Betreuung älterer Menschen habe ich eine Reihe von Erkenntnissen zusammengetragen. Sie sind nachstehend als Empfehlungen und Überlegungen aufgeführt:

  1. Eltern und/oder älteren Menschen immer das Gefühl geben, dass sie uns noch wichtig sind.
  2. Eltern und/oder ältere Menschen liebevoll unterstützen in den Bereichen, wo es ihnen nicht mehr möglich ist, sich selbst zu helfen.
  3. Eltern und/oder älteren Menschen genügend Zeit und Liebe schenken.
  4. Eltern und/oder älteren Menschen «wirklich» zuhören, und die eigenen Ideen und Bedürfnisse zurückstellen.
  5. Eltern und/oder ältere Menschen, die religiös sind, begleiten, mit ihnen beten oder in die Kirche gehen.
  6. Eltern und/oder ältere Menschen so lange wie möglich in ihrem gewohnten Umfeld lassen.
  7. Frühzeitig Dinge und Wünsche besprechen, die für Eltern und/oder ältere Menschen wichtig sind (z.B. Wohnungseinrichtung, Erbrecht, Finanzen, Korrespondenz, Patientenverfügung, Vorsorgeauftrag, usw.).
  8. Wünsche betreffend die Bestattung und deren Ablauf nach ihren Vorstellungen umsetzen.
  9. Externe Hilfe annehmen, wenn es bei diesem Prozess unter den Beteiligten zu Konflikten kommt.
  10. Unbedingt versuchen, dass untereinander Friede herrscht – für den letzten Schritt im Sterbeprozess ist dies sehr, sehr wichtig.

Es braucht viel Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl, wenn das Loslassen zum Thema wird. Natürlich gelten meine Empfehlungen und Überlegungen nicht für jedermann – sie widerspiegeln meine ganz persönlichen Erfahrungen und Handlungen. Doch ich bin überzeugt, dass sie das Loslassen einfacher machen können und man so den Tod besser akzeptieren kann. Denn er gehört fest zum Leben.

Und natürlich ist diese Liste nicht abschliessend. Für alle Leserinnen und Leser dieser Zeilen, die noch mehr erfahren möchten zum Thema Loslassen im Alter, habe ich hier daher zum Schluss noch ein Buchtipp: «Ausleben» von Mena Kost, Annette Boutellier. Dieses Buch lege ich allen sehr ans Herz.