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Seien wir ehrlich: Wir alle haben schon einmal Selbstmitleid empfunden. Diesen seelischen Schmerz über ein Unrecht, das uns vermeintlich widerfahren ist – dieses Unglücklichsein mit uns selbst und unseren Problemen, mit denen wir uns alleingelassen fühlen. Es ist eine ganz schön «vergiftete» Gefühlsmischung, wie es der folgende Ausschnitt aus einem Online-Artikel zum Thema Selbstmitleid treffend umschreibt: «Obwohl das Hauptaugenmerk des Selbstmitleids auf dem Ich und den eigenen Emotionen liegt, hat es auch eine starke zwischenmenschliche Komponente. Zusätzlich zur Einsamkeit können die Betroffenen Neid, Schuld, Wut und Feindseligkeit gegenüber anderen empfinden. Menschen, die unter Selbstmitleid leiden, lenken oft auch Kritik an sich selbst ab. Sie sind normalerweise nicht in der Lage, sich selbst zu reflektieren, und geben externen Faktoren wie Pech oder dem angeblichen Groll anderer Menschen die Schuld an ihrer schlechten Situation.»

Warum ich hier das Selbstmitleid zum Thema eines Artikels mache? Ja, es betrifft zwar fast alle Generationen. Aber gerade Seniorinnen und Senioren sind ihm besonders ausgeliefert. Hier daher nun einige Tipps, wie ältere Menschen diesem inneren Feind entgegenwirken können.

Tipp 1: Die eigenen Gedanken aufschreiben

Nehmen Sie ein Blatt Papier und schreiben sich auf, welche negativen Gedanken Sie beschäftigen. Wenn es mit dem Schreiben nicht mehr so gut klappt, können Sie sich auch aufnehmen (mit dem Handy lassen sich leicht Sprachaufnahmen machen – oder vielleicht besitzen Sie ja noch ein Kassettengerät!). Sie können dabei so viel jammern, wie Sie möchten. Durch das Kommunizieren (Schreiben oder Reden) kommt Ruhe in Ihren Kopf. Ausserdem fühlt sich das «Problem» oder «Unglück» dann vielleicht schon nicht mehr so schlimm an, wie Sie zuerst angenommen haben.

Tipp 2: Sich helfen lassen

Wenn man so richtig in Selbstmitleid versinkt, bekommen das natürlich auch Partner, Familie oder betreuende Personen mit. Sie sollten also klar sagen, dass Sie aus dem Selbstmitleid nicht mehr herauskommen und Hilfe benötigen. Betreuenden Personen oder Angehörigen wiederum sei nahegelegt, dass sie die Seniorinnen und Senioren gleich darauf ansprechen, wenn das Selbstmitleid im Vordergrund steht. Sie sollten auch versuchen, das Gespräch sofort in eine andere Richtung zu lenken. Ebenfalls ein gutes Gegenmittel ist eine kleine «Strafe»: Beim Aufkeimen des Selbstmitleids legt man etwas Geld auf die Seite. Später kann man es dann sinnvoll für eine Aktivität nützen, die einem Freude macht.

Tipp 3: Sich bewusst machen, was doch alles wunderbar war und ist

Seniorinnen und Senioren vergessen manchmal, wie viel Schönes sie erlebt haben. Familienmitglieder und betreuende Personen sollten sie also  darauf aufmerksam machen, dass sie in ihrem Leben so viel geleistet haben und auch wunderschöne Dinge erleben durften. Auch kann man ältere Menschen daran erinnern, dass sie noch gesund und fit sind (körperlich und geistig) und am Leben teilhaben dürfen. Und Sie als Seniorin oder Senior dürfen sich auch selber glücklich machen, indem Sie sich etwas zugute kommen lassen, was sie schon immer wollten – ob einen Ausflug oder auch ein Geschenk an Sie selbst – warum nicht!

Tipp 4: Auf Äusserlichkeiten doch noch (oder wieder mehr) Wert legen

Oftmals haben Äusserlichkeiten im Alter keinen grossen Stellenwert mehr. Aber auch wenn Sie keine Lust mehr haben: Gehen Sie doch wieder einmal zum Coiffeur oder kaufen sich etwas Schönes zum Anziehen. Gönnen Sie sich einfach etwas. Es kann auch eine Massage oder eine Physiotherapie sein. Oder einfach nur körperliche Bewegung. Gerade wenn man draussen in der schönen Natur ist, hebt das bereits die Stimmung. Nebst dem Äusseren soll aber auch die Seele nicht zu kurz kommen. Hier hilft vielleicht mal ein Kirchenbesuch, ein Ausflug in ein Kloster oder ein gutes Buch über Spiritualität.

Tipp 5: Ein gutes Netzwerk hilft unglaublich

Familie, Angehörige und gute Freunde, aber auch betreuende Personen sind lebenswichtig. Im Alter umso mehr. Hören Sie dabei als Seniorin oder Senior mehr auf Ihre innere Stimme. Diese Leute sind meistens sehr ehrlich und unterstützen Sie in Ihrem Alltag. Sie bauen Sie auf, hören Ihnen zu und können Ihnen oftmals aus Ihren negativen Gedanken heraushelfen. Und sollten auch diese Bemühungen nicht fruchten – ja, dann braucht es vielleicht doch professionelle Hilfe durch eine Psychologin oder einen Psychologen.

Tipp 6: Nicht im Selbstmitleid baden

Diese Stimmung nehme ich in meiner täglichen Arbeit als private Seniorenbetreuerin bei Seniorinnen und Senioren hin und wieder wahr: Sie «baden» geradezu in ihrem Selbstmitleid. Sind Sie auch so jemand? Dann setzen Sie sich am besten einmal vor den Spiegel, schauen sich Ihr Spiegelbild an und schimpfen so richtig über die ganze Welt. Je schlimmer und übertriebener Sie schimpfen, desto schneller werden Sie merken, dass doch nicht alles so katastrophal ist. Manchmal hilft es auch, wenn Sie sehen, dass es anderen Menschen noch viel schlechter geht als Ihnen. Zum Beispiel Menschen, die an Demenz leiden, oder Personen, die nichts zu essen oder zu trinken haben. Aber klar, nicht im Selbstmitleid baden ist nicht immer einfach. Doch mit etwas Unterstützung von lieben und klugen Menschen, die Ihnen nahestehen, sollten Sie sich aus dieser Situation befreien können. Sie werden dankbar sein, wie gut Ihr bisheriges Leben verlaufen ist. Natürlich hoffe ich mit Ihnen, dass dem auch so war. Kopf hoch!

Wenn Sie mehr zu dieser nicht einfachen, aber sehr wichtigen Thematik erfahren möchten, hier noch ein paar interessante Links:

Selbstbewusstsein stärken – Das Komplettset
Methoden- und Praxisbuch der Sensorischen Aktivierung
Wegweiser – Podcast für moderne Spiritualität