Meistens ist der Umgang jüngerer Menschen mit Seniorinnen und Senioren unproblematisch. Wir werden ja nicht nur (fast) alle immer älter, sondern bleiben auch länger geistig und körperlich fit. Und wir können dadurch in der Regel gut aufeinander eingehen. Aber eben: Es ist halt auch so, dass viele von uns in der Familie jemanden haben, der oder die schon älter ist. Und möglicherweise leidet diese Person sogar auch an einer Krankheit. Ob physisch oder psychisch: Jeder Mensch kämpft mit dem Alter und den entsprechenden Gebrechen komplett anders. Einige Menschen werden sensibler und traurig, andere böse und mürrisch. Doch wie geht man mit diesen Persönlichkeiten um? Besteht die Alternative darin, dass man sie lieber in Ruhe lässt und hofft, sie kommen durch mehr Freiraum alleine klar? Oder zeigt man besser Mitgefühl oder gar Mitleid?
In meiner langjährigen Tätigkeit als private Seniorenbetreuerin habe ich ausgiebig Einblick in den Alltag von Seniorinnen und Senioren gewonnen. Dadurch habe ich mir auch ein gutes Bild über ihre Bedürfnisse, ihre Herzen und ihre Seelen machen können. Aus meinem Erfahrungsschatz kann ich nun hier eine Reihe von Ratschlägen formulieren: Wie können wir, Jung und Alt, besser miteinander umgehen, insbesondere in schwierigen Situationen?
Respekt und Empathie als Grundpfeiler
Begegnen wir älteren Menschen respektvoll und einfühlsam – auch dann, wenn wir ihre Ansichten nicht teilen. Hören wir älteren Menschen ganz genau zu, lassen wir sie ausreden und vermeiden wir Pauschalurteile. Respektieren wir, dass ältere Menschen andere politische, religiöse und gesellschaftliche Ansichten haben und an traditionellen Gepflogenheiten festhalten. Das ist ihnen zum Teil extrem wichtig.
Ehrliches Interesse an den Vorlieben
Interessieren wir uns ehrlich für die Vorlieben und Interessen von älteren Menschen. Wenn jemand gerne kocht oder bäckt, kann man sich darüber austauschen oder es sogar zusammen ausprobieren. Ist eine ältere Person religiös (unabhängig von der Glaubensrichtung), gilt es das zu respektieren. Auch kann man versuchen, sie darin zu bestärken, diesen Weg weiter zu gehen. Für viele ist das eine Kraftquelle. Seniorinnen und Senioren spüren dabei übrigens schnell, ob unser Interesse ehrlich oder nur gespielt ist.
Unterstützung im Alltag
Ältere Menschen sind für jede Unterstützung im Alltag sehr dankbar. Bieten wir also alten Menschen unsere Unterstützung an: beim Tragen des schweren Einkaufs, beim Überqueren der Strasse, beim Einstellen der Fernsehliste, bei der Handhabung von Telefon oder Smartphone oder ganz allgemein, wenn es irgendwie oder irgendwo Schwierigkeiten gibt.
Höflichkeit, Anstand, Diskretion und Verbindlichkeit
Seniorinnen und Senioren wissen, was es bedeutet, höflich, anständig, diskret und verbindlich zu sein. Sie leben dies auch heute noch, denn früher war es «doch ganz normal». Zeigen wir uns also höflich gegenüber älteren Menschen. Bieten wir ihnen zum Beispiel im Bus oder Zug einen Sitzplatz an, oder halten wir ihnen die Tür auf. Solche «kleinen Aufmerksamkeiten» schätzen sie sehr. Auch auf Pünktlichkeit legen sie grossen Wert.
Sprache und Ausdrucksweise: höflich, nicht zu laut, langsam
Wenn wir mit älteren Personen sprechen, macht der Ton die Musik, wie man so schön sagt. Verhalten wir uns also nicht so, als sprächen wir mit kleinen Kindern. Vermeiden wir es, generell mit älteren Menschen lauter zu sprechen. Nicht alle von ihnen sind schwerhörig, und viele verwenden bereits sehr gute Hörhilfen. Sollte jemand tatsächlich schlechter hören, wird diese Person es uns sicher mitteilen, und wir können dann die Lautstärke anpassen. Wichtig ist es, dass man immer höflich bleibt und eher langsam spricht. Denn manche Seniorinnen und Senioren finden es nicht mehr so einfach, einem Gespräch zu folgen.
Und: Finger weg von Alltagsgewohnheiten!
Wir können den Alltag, den ältere Menschen seit Jahrzehnten leben, nicht einfach ändern – und das sollten wir auch nicht. Auch wenn uns manche Gewohnheiten und Gebräuche komisch vorkommen: Vielen älteren Menschen sind diese «heilig». Lassen wir ihnen also diese Freuden, sie tun schliesslich niemandem weh. Und noch einmal: Man sollte nie vergessen, dass auch die meisten von uns einmal älter werden. Dann werden auch wir es schätzen, wenn liebe Angehörige und Betreuungspersonen uns nicht plötzlich unseren eigenen Alltag umstellen.