Ältere Frau schreit 106357186

Offiziellen Schätzungen zufolge sind in der Schweiz jedes Jahr zwischen 300’000 und 500’000 Personen ab 60 Jahren von irgendeiner Form von Gewalt oder Vernachlässigung betroffen. Ein entsprechender Bericht des Bundesrats liefert einen Überblick über die Problematik der Misshandlung älterer Menschen. Diese kann sowohl zu Hause als auch im Heim in unterschiedlicher Form auftreten.

Das Risiko für ältere Menschen, Opfer von Gewalt zu werden, erhöht sich aus verschiedenen Gründen: Verlust der Selbstständigkeit, Isolation, Demenz sowie emotionale oder finanzielle Abhängigkeit – all dies kann dazugehören. Gewalt ist allerdings nicht immer nur auf Böswilligkeit zurückzuführen. Hier können mehrere Faktoren mitspielen, darunter auch die Überforderung und Überlastung von Angehörigen und Fachpersonen oder des Pflege- und Betreuungspersonals. Die Coronakrise hat dieses Phänomen noch weiter verdeutlicht. Sie hat auch aufgezeigt, wie schmal der Grat zwischen der Schutzpflicht und der Achtung der Selbstbestimmung ist. (Quelle: Bericht des Bundesrats)

Wie auch der Fall aus Gersau zeigt, den ich in einigen meiner jüngsten Blogs beschrieben habe, hat Gewalt im Alter viele Gesichter. Hier liefern zwei von vier Kindern (wegen Angst um das Erbe) ihre eigene Mutter dem Staat aus und verschleudern dabei deren erspartes Geld. Das nenne ich psychische und finanzielle Gewalt gegenüber der eigenen Mutter. Wie kann man solcher Gewalt entgegenwirken?

Was bedeutet Gewalt im Alter, und was kann man dagegen tun?

Grundsätzlich gibt es körperliche, seelische oder sexualisierte Gewalt, und es gibt die Vernachlässigung. Gewalt kann auch darin bestehen, jemanden in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken, seine Kontakte zu anderen Menschen zu unterbinden oder ihm die finanzielle Grundlage zu entziehen. Im Alter insbesondere existieren mehrere Formen von Gewalt, darunter sicher die körperliche, die seelische und die psychische Gewalt.

Nur schon die Aufzählung dessen, was körperliche Gewalt heisst, kann wehtun. Was älteren Menschen angetan wird, ist erschreckend: Ohrfeigen, Schläge ins Gesicht, Tritte in Arme und Bauch, Stösse, Ohrfeigen, Zerren an den Haaren, Würgen oder das Zufügen von Verbrennungen sind nur einige der Handlungen, die (nicht nur) dem betagten Körper Schaden zufügen.

Doch auch seelische und die psychische Gewalt – Beschimpfungen, Drohungen, Demütigungen, Verspottungen, das Blossstellen usw. – können Tränen und Schmerzen verursachen, ebenso Mobbing, das Handeln gegen die Alterswünsche, Altersdiskriminierung, die Verletzung der Grundrechte und soziale Isolation.Und dann gibt es auch noch die ökonomische Gewalt: Davon spricht man, wenn jemand einer (älteren) Person das eigene Geld entzieht, ohne deren Einverständnis die Kontrolle über ihre finanziellen Mittel übernimmt, rechts- und vertragswidrige Handlungen begeht oder die Unterstützung verweigert.

Zur Bekämpfung von Gewalt im Alter braucht es eine Reihe von Präventions-, Erkennungs- und Interventionsmassnahmen, die sich sowohl an die Opfer als auch an deren Angehörige, an Fachpersonen und an die breite Öffentlichkeit richten. Die Unterstützungs- und Beratungsorganisationen für ältere Menschen und für Opfer (siehe unten), die Ausbildungseinrichtungen für Pflegepersonal sowie die Alters- und Pflegeheime spielen eine wichtige Rolle. Es bestehen bereits zahlreiche Instrumente wie Sensibilisierungskampagnen, Kontaktnummern (wie die der Polizei und solche für medizinische Hilfe) oder Weiterbildungsangebote. Das Allerwichtigste aber für Betroffene – ob ältere Menschen oder deren Angehörige bzw. Betreuende: Sie sollten bei «fast» jeder Kleinigkeit und/oder Unsicherheit und dem Verdacht auf «Gewalt im Alter» sofort reagieren, und zwar in Bezug auf Opfer und Täter. Damit keine weiteren und womöglich noch schlimmeren Gewalttaten entstehen können.

Wo kann ich Hilfe anfordern, oder welche Anlaufstellen gibt es?

Damit Seniorinnen und Senioren Hilfe finden, wenn es Gewalt im Alter gibt, hier ein paar entsprechende Anlaufstellen:

Alter ohne Gewalt
Opferhilfe Schweiz
Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter UBA
Ombudsstellen für Patientenschutz, Gesundheit, Alter, Spitex und Heime
Pro Senectute
Polizei 117
Medizinische Hilfe 144