Die Neugier im Alter: ein spannendes Thema, das auch viele Bereiche berührt, die oft unterschätzt oder übersehen werden. Denn es ist doch so: Wer neugierig ist, hat mehr vom Leben. Wer hingegen ohne Neugier durchs Leben geht, verpasst vieles, das eben dieses Leben abwechslungs- und auch lehrreich macht. Es lohnt sich also, die eigene Neugier zu pflegen, solange man lebt. Einige mögen nun einwenden, die Neugier lasse ohnehin mit zunehmendem Alter nach. Das erlebe ich in meiner täglichen Arbeit als private Seniorenbetreuerin aber eher anders. Ja, ich werde sogar immer wieder aufs Neue vom puren Gegenteil überrascht. Neugier kann nämlich im Alter sogar neue Formen annehmen. Natürlich sind diese Formen je nach geistiger und körperlicher Gesundheit nicht dieselben.
Was ist das überhaupt – Neugier im Alter?
Als private Seniorenbetreuerin sehe ich täglich, was es heisst, auch im Alter neugierig zu bleiben (und wie wichtig es ist, seine Neugier weiter zu pflegen). Hier ein paar meiner Beobachtungen und Erkenntnisse – wie immer ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
- Die Interessen der Menschen verändern sich nicht erst, wenn sie ins Alter kommen. Ihre Neugier, also ihr Interesse an Neuem, verändert sich fast in jedem Altersabschnitt. Zwar sind ältere Menschen vielleicht weniger an den letzten Trends oder bahnbrechenden Technologien interessiert. So beherrschen viele von ihnen etwa die digitalen Medien nicht so gut. Seniorinnen und Senioren setzen sich dafür aber viel stärker mit dem tieferem Verständnis für die Dinge des Lebens auseinander, mit persönlichen Beziehungen und mit Sinnfragen. Und dazu gehört auch der eigene Tod.
- Mit der über die vielen Jahre zunehmenden Lebenserfahrung und dem herannahenden Alter wird die Neugier gezielter. Man wägt oftmals ganz genau ab und wählt dann aus, was man noch umsetzen will und kann. Die Interessen sind klar(er) definiert.
- Viele Seniorinnen und Senioren entwickeln neue Formen der Neugier: So entdecken sie neue Hobbys wie das Erlernen von Sprachen oder die Freude an kultivierten Reisen. Sie prüfen Studienangebote oder Workshops, oder sie bilden ihre digitale Fähigkeiten aus. Ganz einfach aus purer Neugier und der Freude am Lernen.
Welche Vorteile entstehen einem durch die Neugier im Alter?
Die Neugier bringt einem eigentlich in jedem Alter Vorteile – aber gerade bei der älteren Generation ist sie besonders wichtig. Denn sie hält den Geist viel länger fit. So ist Folgendes längst erwiesen:
- Wissensgierige Menschen bleiben geistig agiler, haben ein kleineres Risiko für Demenz und sind häufiger bereit, neue Denk- und Handlungsweisen zuzulassen. Wer neugierig bleibt, sucht häufiger den Austausch – sei es mit der eigenen Familie (den Kindern wie den Grosskinder), sei es mit gleichaltrigen oder jüngeren Menschen generell.
- Die Wissensgier im Alter fördert das Gefühl, dass das Leben auch noch etwas bereithält. Das stärkt die psychische Widerstandskraft. Gemäss meiner Erfahrung als private Seniorenbetreuerin sind neugierige Seniorinnen und Senioren aber schon ihr ganzes Leben neugierig. Es lohnt sich also, früh anzufangen!
Wie kann man Menschen heranführen an die Neugier im Alter?
Die Neugier – und das nicht nur im Alter – ist natürlich abhängig von der Persönlichkeit und der Gesundheit der betreffenden Person. Niemand kann dazu gezwungen werden, neugierig zu sein. Ein paar Tipps, die nicht schwer umzusetzen sind, kann ich hier dennoch abgeben:
- Seniorinnen und Senioren sollten sich anspornen lassen, für Neues offenzubleiben. Zum Beispiel indem sie neue Bücher lesen oder Museen und Konzerte besuchen. Auch kann ihre Neugier ihnen helfen, neue Wege für Spaziergänge zu finden oder sich auf ein Spiel einzulassen, bei dem es um Wissensfragen geht. Wer neugierig ist, lernt – und erweitert sein Wissen!
- Neugier kann auch dazu motivieren, die Kommunikation und den Dialog mit jüngeren Menschen aufrechtzuerhalten oder auszubauen. Denn der Austausch zwischen Generationen kann so inspirierend sein und frische Perspektiven eröffnen!
- Wo steckt die Neugier? Es könnte sich lohnen, einmal tief in sich hineinzuhorchen. Und nur keine Angst vor Wünschen, die dort drin womöglich schon lange schlummern und nun in Form von Neugier zutage kommen. Sie warten nur darauf, endlich umgesetzt zu werden!
- Es mag erstaunen, aber: Viele ältere Menschen entdecken noch so gern das Internet, Apps oder Online-Kurse. Sie wollen sich neuen Herausforderungen stellen und Lernmöglichkeiten nutzen. Ihre Neugier wäre also vorhanden. Was sie aber oft brauchen, ist jemand, der sie behutsam an diese neuen Möglichkeiten heranführt.
- Oft steht am Anfang eine ganz simple Frage, die jede und jeder von uns, ob Seniorin, Senior oder auch jünger, sich stellen kann und sollte: «Was wollte ich schon immer mal verstehen oder tun?»
Und damit wieder zurück zum Anfang: Die Neugier ist keine Frage des Alters. Sondern der inneren Haltung und des eigenen Charakters. Und sie kann im Alter sogar zu einer wichtigen Kraft werden. Einer Kraft, die einen das Leben weiterhin als sinn- und durchaus lustvoll erleben lässt.