Die ungerechte und rechtswidrige Behandlung von Seniorinnen und Senioren, insbesondere auch durch Behörden: Dieses Thema beschäftigt mich als private Seniorenbetreuerin schon länger. In meiner täglichen Arbeit höre ich immer wieder Geschichten über Behörden-Willkür oder über die Missachtung von Rechten. Es ist ein wirklich wichtiges und sensibles Thema. Denn auch Behörden können Fehler machen. Aber ebenso haben ältere Menschen das Recht, sich zu wehren oder Unterstützung zu erhalten, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen – auch wenn dies nur aufgrund von Fehlern geschieht. Wehren sollte man sich auf jeden Fall. Denn ob Nachlässigkeit oder böse Absicht hinter einer Ungerechtigkeit steckt, kann ja auch die jüngere Generation oft nicht sofort erkennen.
Doch wen kann man fragen, wenn der Schuh drückt? Hilfreich für den Anfang können unter anderem die folgenden Anlaufstellen sein. Sie können Seniorinnen und Senioren (oder ihre Angehörigen) in der Schweiz unterstützen, wenn Private oder Behörden ihre Rechte verletzen oder missachten.
Unabhängige Ombudsstellen leisten vielerorts Hilfe
In der Schweiz gibt es verschiedene sogenannte Ombudsstellen, die sich speziell mit den Interessen von älteren Menschen und ihren Angehörigen befassen. Sie stehen zur Verfügung, wenn jemand sich von Behörden ungerecht behandelt fühlt oder seine Rechte verletzt sieht. Man unterscheidet dabei zwischen den Parlamentarischen Ombudsstellen und den Privatrechtlichen Ombudsstellen. Bitte beachten Sie, dass auf Bundesebene keine Ombudsstelle existiert und auch nicht alle Kantone oder grösseren Städte eine Ombudsstelle haben. Der Kanton Zürich zum Beispiel hat eine Ombudsstelle. Und in der Zentralschweiz existiert eine solche im Kanton Zug. Ombudsstellen arbeiten unabhängig von der Verwaltung und helfen kostenlos und vertraulich.
Eine Beschwerdestelle sorgt für Schutz und Beratung
Die Zahlen sind erschreckend: Gemäss einer Erhebung der Weltgesundheitsorganisation WHO waren in Europa bereits im Jahr 2011 bis zu 25 Prozent der über 60-jährigen und der pflegebedürftigen älteren Menschen von Gewalt/Misshandlung betroffen. In der Schweiz sind es Schätzungen zufolge jedes Jahr zwischen 300’000 und 500’000 Personen ab 60 Jahren, und zwar sowohl zu Hause als auch im Heim. Dies steht in einem Bericht des Bundesrats als Antwort auf ein Postulat (Nr. 15.3945) der ehemaligen Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler.
Offiziell können sich Betroffene an die folgende Adresse wenden: Die UBA ist als einzige unabhängige Beschwerdestelle für ältere Menschen in der Deutschschweiz in der Konfliktbearbeitung, Krisenintervention und der Gewaltprävention im Alter tätig. Information und Beratung vermittelt ausserdem das Nationale Kompetenzzentrum «Alter ohne Gewalt».
Ein Ombudsman(n) vermittelt bei Problemen mit der Bank
Auch Seniorinnen und Senioren brauchen vielleicht einmal Hilfe von einem Ombudsmann (oder Ombudsman, denn in der Schweiz schreibt man ihn oft mit nur einem «n»). Der Ombudsman(n) ist ein neutraler Vermittler, der die Positionen beider Parteien eines Konflikts kennt. Er bringt die notwendigen Distanz ein und analysiert die verschiedenen Standpunkte. Und er ist ein Spezialist auf seinem Gebiet. Hat jemand zum Beispiel Probleme mit einer Bank, dann schreitet der Schweizerische Bankenombudsman ein. Dieser wird aber nicht sofort aktiv. Zuerst muss der unzufriedene Bankkunde seine Beschwerde selbst schriftlich der Direktion oder der Beschwerdestelle des betreffenden Finanzunternehmens unterbreiten. Erst wenn die Bank die Angelegenheit nicht erledigen kann oder will, kann der Kunde das entsprechende Dossier an den Ombudsmann zur Prüfung weiterleiten. So geschah es auch beim Konflikt zwischen der Seniorin und der Schwyzer Kantonalbank, Schwyz, über den ich in mehreren Ausgaben dieses Blogs kürzlich geschrieben habe. Hierzu hat der Schweizerische Bankenombudsman übrigens mit den Angehörigen bereits Kontakt aufgenommen.
Weitere Anlaufstellen, die sich um Sorgen und Anliegen von Senioren kümmern:
- Die Sozialberatung erfolgt in den 130 Beratungsstellen der 24 kantonalen und interkantonalen Pro-Senectute-Organisationen. Die Sozialberatung richtet sich sowohl an ältere Menschen als auch an deren Bezugspersonen. Sie umfasst Fragen zu Finanzen, Recht, Lebensgestaltung, Vorsorge und Wohnen und Gesundheit sowie Betreuung und Pflege.
- Die Fachstelle humanrights.ch sensibilisiert, informiert und vernetzt von Diskriminierung und Rassismus betroffene Menschen jeden Alters in der Schweiz.
- Der Schweizerische Seniorenrat SSR vertritt die wirtschaftlichen und sozialen Anliegen der älteren Menschen gegenüber Bund, Verbänden, Institutionen, Medien und Öffentlichkeit. Angesichts der demografischen Entwicklung (die ältere Generation wird schon bald annähernd einen Viertel der Gesamtbevölkerung ausmachen) ist es wichtig, dass zukünftige gesetzliche Regelungen altersverträglich ausgestaltet werden. Es geht aber nicht darum, Privilegien für die ältere Generation zu schaffen. Vielmehr sollen Regelungen getroffen werden, die den berechtigten Anliegen der Seniorinnen und Senioren angemessen Rechnung tragen.
- Die Anlaufstelle Kindes- und Erwachsenenschutz (KESCHA) ist ein Informations- und Beratungsangebot für Personen, die von einer Massnahme des Kindes- oder des Erwachsenenschutzes betroffen sind. Unter anderem berät die Anlaufstelle Personen, die etwa Fragen zur Beistandschaft oder zu Verfahren einer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) oder eines Gerichts haben.
Manchmal kann nur noch ein Anwalt helfen
Wenn Seniorinnen und Senioren in der Schweiz den richtigen Anwalt für ein ganz besonders schwieriges Anliegen finden wollen, müssen sie nicht verzweifeln. Sie können sich auch zuerst an Organisationen wie Pro Senectute wenden, die Beratung zu altersrelevanten Themen anbieten. Oder sie kontaktieren eine Rechtsauskunftsstelle, die kostenlose Beratung anbietet. Zum Beispiel den «Beobachter». Dieser vermittelt zudem Rechtsanwälte an seine Mitglieder. Natürlich kann man Anwälte auch über Online-Anwaltsverzeichnisse finden, zum Beispiel SwissAnwalt.ch und getyourlawyer.ch oder GoAnwalt.ch. Allerdings habe ich in Gesprächen mit meinen Klientinnen und Klienten oder in meinem Netzwerk erfahren, dass persönliche Beziehungen und/oder Erfahrungen immer noch der beste Weg sind, den richtigen Anwalt zu finden.
Fazit: Auch ältere Menschen sind nicht gegen ungerechte und widerrechtliche Behandlung gefeit. Aber sie können sich wehren. Und viele Menschen und Organisationen können ihnen dabei helfen.